Dürre vorausschauend begegnen, Lebensgrundlagen schützen: Widerstandsfähige Landwirtschaft und WASH in South Omo

Angesichts einer weiteren drohenden Dürre in der South Omo-Region in Äthiopien hat Tierärzte ohne Grenzen vorausschauende, sektorübergreifende Maßnahmen aktiviert. Im Mittelpunkt standen die Unterstützung in der Landwirtschaft und Tiergesundheit sowie der verbesserte Zugang zu Wasser und Hygiene. Dank des frühzeitigen Zugangs zu Betriebsmitteln und Dienstleistungen konnten agro-pastorale Gemeinschaften ihre Lebensgrundlagen sichern, noch bevor sich die Krise weiter verschärfte.

Menschen, die im Rahmen eines Cash-for-Work-Programms in Bandira Kebele, Süd-Omo, Äthiopien, an der Sanierung von Teichen beteiligt sind.
Teichsanierung durch Cash-for-Work in Bandira Kebele.
© Tierärzte ohne Grenzen

Das Projekt im Überblick

  • Multi-Sector Anticipatory Interventions (MSAI) in Dassenech and Bena-Tsemay District  

    offizieller Titel

  • Ethiopia Humanitarian Fund (EHF) und UN OCH 

    Geber

  • 500.000,64 US 

    Budget

  • Oktober 2024 – Juni 2025 

    Dauer

Hintergrund

Jahre extremer Wetterereignisse haben die Gemeinden in der South Omo Zone zunehmend anfällig gemacht – für Ernährungsunsicherheit, Wasserknappheit und Krankheiten, die Menschen und Tiere betreffen. Für die Regenzeit Oktober bis Dezember 2024 wird aufgrund von La-Niña-Bedingungen ein Ausbleiben prognostiziert, während die vorherige Saison (März bis Mai) bereits verheerende Überschwemmungen brachte. In Dassenech und Bena-Tsemay sind dadurch Ackerbau und Viehhaltung massiv gefährdet – mit gravierenden Folgen für die Ernährung und das Einkommen der Bevölkerung. Futterengpässe schwächen Nutztiere, machen sie anfällig für Krankheiten und verschärfen die Versorgungskrise. Gleichzeitig erschwert fehlendes sauberes Wasser den Alltag – insbesondere für Frauen und Kinder. Gestützt auf das nationale Frühwarnsystem und den Humanitären Aktionsplan Äthiopiens, hat Tierärzte ohne Grenzen frühzeitig reagiert und gezielte Maßnahmen in den Bereichen Landwirtschaft, WASH und Schutz eingeleitet. Ziel ist es, gefährdete Haushalte dabei zu unterstützen, lebenswichtige Ressourcen zu bewahren und sich schneller von den Folgen der Dürre zu erholen. 

Ein Mann wäscht sich die Hände an einer neu sanierten Wasserstelle in Morigela Kebele, Äthiopien.
Sanierung der Wasserversorgung in Morigela Kebele, im Rahmen laufender WASH-Maßnahmen.
© Tierärzte ohne Grenzen

Projektbeschreibung und Ergebnisse

Das integrierte Projekt in den Bereichen Landwirtschaft, WASH (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene) sowie Cash-for-Work zielt darauf ab, 111.225 Menschen in Dassenech und Bena-Tsemay vor den wachsenden Auswirkungen der Dürre zu schützen. 

Im landwirtschaftlichen Bereich haben 2.790 Menschen dürreresistentes Saatgut, landwirtschaftliche Werkzeuge und Notfutter für ihre Tiere erhalten. Weitere 465 Haushalte profitieren von gezielten agronomischen Schulungen, um ihre Nahrungsmittelproduktion auch unter trockenen Bedingungen aufrechtzuerhalten. Über 3.000 besonders gefährdete Viehhalter*innen, darunter viele Frauen und Kinder, wurden mit Notfutter versorgt. Insgesamt konnten 154 Tonnen Tierfutter verteilt werden, um Zuchtbestände zu erhalten und weitere Verluste zu verhindern. Zudem wurden 100 Haushalte geschult und beim Aufbau einer lokalen Futtermittelproduktion unterstützt – ein wichtiger Schritt in Richtung nachhaltiger Tierhaltung. 

Gleichzeitig verbessert das Projekt die Wasserversorgung in den Gemeinden. Vier Wasserversorgungssysteme werden saniert, zwei davon auf Solarenergie umgestellt – für eine langfristige, ressourcenschonende Versorgung von Mensch und Tier. 2.400 Menschen erhielten Wasseraufbereitungsmittel, über 4.800 Personen Hygiene-Sets sowie Aufklärung zu öffentlicher Gesundheit. Zusätzlich entstehen an zentralen Orten öffentliche Handwaschstationen, um der Ausbreitung von Krankheiten vorzubeugen.

Alle Projektmaßnahmen sind mit Strategien zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit, zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt und Ausbeutung (GBV/PSEA) sowie zur Anpassung an den Klimawandel verbunden. Dadurch wird sichergestellt, dass die Hilfe inklusiv wirkt und langfristig Bestand hat. 

Bereits jetzt zeigen sich die positiven Effekte: Die Verteilung von Betriebsmitteln und tierärztliche Versorgung verbessern spürbar die Ernährungssicherheit und stabilisieren das Einkommen vieler Haushalte. Über 3.078 Menschen wurden mit zusätzlichem Tierfutter erreicht. 100 Haushalte beteiligten sich an Cash-for-Work-Aktivitäten zur Wiederherstellung degradierten Landes. Der Nahrungsmittelkonsum in den Gemeinden wird voraussichtlich um 40 % steigen, während sich die Sicherung der Lebensgrundlagen um bis zu 60 % verbessern dürfte. Im Bereich WASH erhalten schätzungsweise 12.000 Menschen dauerhaft Zugang zu sicherem Trinkwasser – ermöglicht durch geschulte Wasserkomitees, die die Infrastruktur künftig eigenverantwortlich betreiben und warten.

 

Wirtschaftliche Auswirkungen und Nachhaltigkeit

Im Bereich WASH haben solarbetriebene Modernisierungen der ländlichen Wasserversorgung bereits dazu beigetragen, Betriebskosten zu senken und die Lebensdauer der Infrastruktur zu verlängern. Die Umstellung auf Solarenergie hat Wasserpumpen unabhängig von Diesel gemacht und den Gemeinden spürbare Vorteile gebracht. Während Diesel teuer, preisschwankend und nicht überall verfügbar ist, bietet Solarstrom eine zuverlässige und konstante Energiequelle. Darüber hinaus haben die Gemeinden Zeit und Kosten eingespart, die zuvor für die Beschaffung und den Transport von Kraftstoff aufgewendet werden mussten. Auch der geringere Wartungsaufwand der Solaranlagen hat Ressourcen freigesetzt, die für andere dringende Bedarfe genutzt werden konnten. Die Nachhaltigkeit der Solarenergie hat die Wasserversorgungssicherheit bei saisonalen Schwankungen verbessert und einen stabileren Zugang über das ganze Jahr hinweg ermöglicht. 

Im Rahmen des vorausschauenden Projektansatzes hat Tierärzte ohne Grenzen frühzeitig Maßnahmen umgesetzt, die langfristige Wiederaufbaukosten reduziert und die Auswirkungen der Dürre spürbar abgemildert haben. Dazu zählen unter anderem die rechtzeitige Bereitstellung von Notfutter für Nutztiere, die Stärkung kommunaler Wasserkomitees, der Einsatz von Chlor zur sicheren Wasseraufbereitung sowie die Einführung von Cash-for-Work-Programmen. Besonders während der Trockenzeiten haben diese Maßnahmen dazu beigetragen, Krankheitsausbrüche einzudämmen und die Einkommenslage der Haushalte zu stabilisieren. 

Lokale Wasserkomitees sind aufgebaut und geschult worden. Sie haben schrittweise die Verantwortung für Betrieb und Wartung der Systeme übernommen und damit die Grundlage dafür geschaffen, dass die Wasserversorgung auch über die Projektlaufzeit hinaus fortgeführt werden kann. Dieses Modell lokaler Verantwortung hat das Engagement innerhalb der Gemeinden gestärkt, die Wiederherstellung wichtiger Infrastruktur unterstützt und Einkommensmöglichkeiten für besonders betroffene Familien geschaffen. So hat das Projekt kurzfristige Hilfe mit nachhaltigem Wiederaufbau verbunden. 

Durch die konsequente Einbindung von Geschlechtergerechtigkeit, lokaler Rechenschaftspflicht und Kapazitätsaufbau hat das Projekt Eigenverantwortung, Gerechtigkeit und Resilienz gefördert. Es hat gestärkte Strukturen und neue Chancen für gefährdete Gemeinschaften hinterlassen, um künftigen Klimaschocks mit mehr Sicherheit und Würde zu begegnen.