World NTD Day: 10 Fakten über vernachlässigte Tropenkrankheiten

27.07.2024

Am 30. Januar 2022 ist wieder World NTD Day - doch was genau sind eigentlich vernachlässigte Tropenkrankheiten?

Im Januar 2012 hat sich eine Koalition aus Nichtregierungsorganisationen, Stiftungen und forschenden Pharmaunternehmen formiert, um mit einer gemeinsamen Deklaration die Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten (engl. Neglected Tropical Diseases, NTDs) weltweit zu intensivieren. Die daraus resultierende London Declaration wurde am 30.01.2012 unterzeichnet und gilt als Meilenstein in der NTD-Bekämpfung, da sie nicht nur ehrgeizige Ziele definierte, sondern auch eine nie dagewesene Menge an Medikamentenspenden aus der Pharmaindustrie ermöglichte. Diese geschichtsträchtige Verabschiedung wird jährlich am 30. Januar als World NTD Day gefeiert. Anlässlich dieses nahenden Ereignisses möchten wir Ihnen anhand von zehn Fakten die vernachlässigten Tropenkrankheiten näher vorstellen:

1. Vernachlässigte Tropenkrankheiten sind Krankheiten vernachlässigter Menschen. Sie betreffen vornehmlich die “bottom billion”. NTDs richten insbesondere dort große Schäden an, wo die medizinische Infrastruktur unterentwickelt ist und es an sauberem Wasser und den wesentlichen Hygieneeinrichtungen wie bspw. Latrinen oder Handwaschbecken mangelt.

2. Über 1,7 Milliarden Menschen benötigen präventive Behandlungen gegen NTDs, wobei nahezu die Hälfte der Weltbevölkerung als gefährdet gilt.

3. Etwa 20% der Weltbevölkerung ist mit sog. Boden übertragenen Helminthen (d.h. pathogenen Magen–Darm Parasiten) infiziert.

4. Etwa 35% der Krankheitslast durch NTDs tragen Länder in Afrika südlich der Sahara, wo laut Weltbank 51% der Weltbevölkerung von weniger als 1,25 US$ pro Tag lebt.

5. Dennoch stehen NTDs häufig im Schatten der “Big Three” (Malaria, Tuberkulose und HIV/Aids). sowohl in der Forschung und Bekämpfung, als auch im Funding.


© World NTD Day

© World NTD Day

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6. Vernachlässigte Tropenkrankheiten werden durch eine Vielzahl von Infektionserregern verursacht. Dazu zählen Viren (bspw. Tollwut), Bakterien (bspw. Lepra), Protozoen (bspw. Afrikanische Schlafkrankheit) oder parasitäre Würmer (bspw. Bilharziose). Im Jahr 2017 erweiterte die WHO die Liste zudem um Schlangenbisse, bestimmte Mykosen (Pilzerkrankungen) und Ektoparasitosen wie Räude.

7. Die meisten vernachlässigten Tropenkrankheiten verlaufen nicht tödlich aber sie können die Lebensqualität der betroffenen Menschen in erheblichem Masse mindern, zu Arbeitsausfall und wirtschaftlicher und sozialer Benachteiligung führen. So zeigten bspw. Studien, dass viszerale Leishmaniose bis zu 75% aller betroffenen

8. Haushalte in Ländern wie Indien, Bangladesch oder dem Sudan in schwerste finanzielle Nöte bringt, selbst wenn Medikamente und Diagnostika frei zugänglich sind. Zahlreiche Behandlungen, Impfungen oder infrastrukturelle Maßnahmen unserer Projektarbeit haben das Ziel vernachlässigte Tropenkrankheiten zu bekämpfen: Wir impfen Hirtenhunde und Hauskatzen gegen Tollwut und entwurmen Hunde um die Prävalenz des humanpathogenen Hundebandwurms zu reduzieren. Über den Bau von Latrinen oder Brunnen senken wir das Risiko für Menschen und Tiere, an einer wasser-assoziierten NTD, wie bspw. der Bilharziose, zu erkranken.

9. Die Bemühungen im Kampf gegen NTDs zeigen Wirkungen: Seit 2010 konnten 42 Länder mindestens eine vernachlässigte Tropenkrankheit ausradieren und mehr als 600 Millionen Menschen sind nicht mehr auf eine Behandlung gegen NTDs angewiesen.

10. Zwar führte die COVID-19-Pandemie zur Überlastung von Gesundheitssystemen und Unterbrechung von Versorgungsketten (bspw. für gespendete NTD-Medikamente), dennoch konnten allein im Jahr 2020 757 Millionen Menschen gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten behandelt werden.

 

Autor: Dr. Igor Pilawski, Referent für Veterinärmedizin & One Health