Das war der One Health Day 2024

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Die Zukunft ist weiblich – Frauen als Schlüsselrollen in One Health. Beim One Health Day 2024 wurden Frauen als zentrale Akteurinnen für Mensch-, Tier- und Umweltgesundheit in den Fokus gerückt.


© Tierärzte ohne Grenzen

Am 6. November 2024 luden Tierärzte ohne Grenzen e.V. und Apotheker ohne Grenzen e.V. anlässlich des internationalen One Health Days zu einer hybriden Fachveranstaltung unter dem Motto „Die Zukunft ist weiblich – Frauen als Schlüsselrollen in One Health“ ein.

Der thematische Schwerpunkt lag auf der zentralen Rolle von Frauen im One-Health-Ansatz. Frauen sind in vielen Gemeinschaften treibende Kräfte für Veränderungen: Sie sind oft Hüterinnen der Tiergesundheit, tragen die Verantwortung für Hygiene- und Ernährungspraktiken und leisten unverzichtbare Beiträge zur Prävention von Krankheiten. Dennoch sind ihre Leistungen häufig unsichtbar oder unterbewertet, und strukturelle Hürden verhindern, dass ihr volles Potenzial ausgeschöpft wird.

Die Veranstaltung zielte darauf ab, diese Herausforderungen sichtbar zu machen und innovative Lösungsansätze zu diskutieren. In Vorträgen und Workshops wurden Themen wie die Bedeutung von WASH (Wasser, Sanitär, Hygiene), geschlechterspezifische Herausforderungen in der Tiergesundheit, Frauenförderung in Krisenregionen sowie gesundheitliche und soziale Barrieren beleuchtet. Durch die hybride Gestaltung – mit Vor-Ort-Workshops und internationalen Online-Beiträgen – wurde ein breites Publikum erreicht und interdisziplinärer Austausch ermöglicht.

Eröffnung und Keynotes: Frauen als Treiberinnen des Wandels

Die Veranstaltung wurde eröffnet von Christian Griebenow (Geschäftsführer von Tierärzte ohne Grenzen) und Eliette Fischbach (Geschäftsführerin von Apotheker ohne Grenzen), die die Bedeutung interdisziplinärer Zusammenarbeit für den One-Health-Ansatz hervorhoben.

In seiner Keynote betonte Tinega Ong’Ondi (Regionaldirektor und Vorstandsmitglied von Tierärzte ohne Grenzen), dass Frauen in Ostafrika eine unverzichtbare Rolle in der Förderung von Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und Krankheitsüberwachung spielen. Er schilderte, wie Tierärzte ohne Grenzen durch Programme zur AMR-Bekämpfung, Schulungen von „Community Animal Health Workers“ (CAHWs) und die Förderung von Frauen in der Fleisch- und Milchwertschöpfungskette nachhaltig zur Resilienz der Gemeinschaften beiträgt. Frauen seien oft die ersten, die Krankheiten bei Nutztieren erkennen, und spielen damit eine Schlüsselrolle in der Prävention zoonotischer Krankheiten.

Digitale Keynote während der Eröffnung der Veranstaltung
Tinega Ong‘Ondi war auch Nairobi zugeschaltet.
© Tierärzte ohne Grenzen

Nike Arning (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)) stellte die Verknüpfung feministischer Entwicklungspolitik mit dem One-Health-Ansatz in den Mittelpunkt. Sie betonte, dass die Förderung von Frauenrechten und der Zugang zu Ressourcen essenziell sind, um globale Gesundheits- und Entwicklungsziele zu erreichen. Ihre Beispiele, darunter die neue BMZ-Initiative zur Bekämpfung von Female Genital Schistosomiasis, zeigten eindrücklich, wie Geschlechtergerechtigkeit und Gesundheit Hand in Hand gehen können.

Politische Keynote von Nike Arning, BMZ, zum Thema: Linking Feminist Development Policy and the One Health Approach
Nike Arning (BMZ) spricht über die Verknüpfung feministischer Entwicklungspolitik mit dem One-Health-Ansatz.
© Tierärzte ohne Grenzen

Praxisorientierte Diskussionen in den World Cafés

Die Vor-Ort-Workshops boten den Teilnehmenden die Gelegenheit, genderspezifische Herausforderungen praxisnah und interdisziplinär zu diskutieren.

Ottmar von Holtz (MdB, Die Grünen): Verbesserung der Frauengesundheit durch WASH-Maßnahmen

Im Mittelpunkt dieses Workshops stand die Bedeutung von WASH-Infrastruktur für die Gesundheit und Sicherheit von Frauen. Diskutiert wurde, wie lange Wasserwege Frauen körperlich und sozial belasten und welche Risiken durch unzureichende sanitäre Einrichtungen entstehen.

Die Teilnehmenden erarbeiteten Lösungsansätze wie den Bau gendersensibler Sanitäreinrichtungen, die Trennung von Wasserstellen für Mensch und Tier und die Bereitstellung kostenloser Menstruationsprodukte. Besonders hervorgehoben wurde die Bedeutung von Aufklärungsprogrammen, um Tabus zu brechen und Frauen eine aktive Rolle in WASH-Projekten zu ermöglichen.

Lea Knopf (GIZ): Frauen und Tiergesundheit

Frauen kümmern sich häufig um Kleintiere wie Hühner und Ziegen, die eine wichtige Einkommensquelle darstellen, erhalten jedoch selten Schulungen oder Ressourcen. Der Workshop beleuchtete die Vorteile von Kooperativen, in denen Frauen gemeinsam Medikamente beschaffen und Wissen teilen können.

Diskutiert wurde auch, wie gendersensible Präventionsmaßnahmen, etwa Schulungen zu Zoonosen, Frauen wirtschaftlich und sozial stärken können. Die Teilnehmenden betonten die Bedeutung der Einbindung von Frauen in Entscheidungsprozesse, um nachhaltig positive Effekte zu erzielen.

Mona Meyer & Sabine Kaldonek (FEMNET): Textilindustrie und Frauengesundheit

Die gesundheitlichen Belastungen von Frauen in der Textilindustrie standen im Fokus dieses Workshops. Themen wie der Einsatz giftiger Chemikalien, fehlende Arbeitsschutzmaßnahmen und soziale Ungerechtigkeiten wurden intensiv diskutiert.

Die Teilnehmenden entwickelten Ansätze zur Förderung von Frauenrechten in der Textilbranche, darunter die Einführung regelmäßiger Gesundheitschecks, die Aufklärung über Arbeitsrechte und die Sensibilisierung von Konsumenten für nachhaltige Mode.

Antonie Wagner (Apotheker ohne Grenzen): Weibliche Wohnungslosigkeit

Der Workshop thematisierte die gesundheitlichen und sozialen Herausforderungen wohnungsloser Frauen. Fehlender Zugang zu Hygieneartikeln und medizinischer Versorgung verschärft die Situation vieler Frauen, die häufig Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt sind.

Diskutiert wurden niedrigschwellige Unterstützungsangebote wie frauenspezifische Schutzräume und der „Housing-First“-Ansatz. Auch die Rolle von Haustieren wohnungsloser Frauen wurde thematisiert, die oft emotionale Stützen darstellen, jedoch selten tierärztliche Versorgung erhalten.

Antonie Wagner (AoG) im Workshop zu weiblicher Wohnungslosigkeit und ihre Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt.
Antonie Wagner (AoG) im Workshop zu weiblicher Wohnungslosigkeit und ihre Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt.
© Tierärzte ohne Grenzen

Digitale Online-Veranstaltung: Globale Perspektiven und Lösungsansätze

Die Online-Veranstaltung ergänzte die Vor-Ort-Workshops durch internationale Perspektiven und innovative Ansätze.

Alexia Rondeau (VSF International): Frauen als Community Animal Health Workers (CAHWs)

Alexia Rondeau hob die Rolle von Frauen als lokale Tiergesundheitshelferinnen hervor, die Krankheiten bei Nutztieren frühzeitig erkennen und Präventionsmaßnahmen fördern. Diskutiert wurden praktische Lösungen wie lokal organisierte Schulungen, gendersensible Zeitpläne und Mikrokredite, um Frauen in ihrer Arbeit zu unterstützen und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit zu stärken.

Franziska Schneider (AoG) und Mascha Kaddori (ToG) moderieren die Online-Session
Franziska Schneider (AoG) und Mascha Kaddori (ToG) moderieren die Online-Session.
© Tierärzte ohne Grenzen
Emma Alegi & Nafinatu Abdullahi (FAO): Schulungsprogramme für One-Health-Leaderinnen

Das von der FAO vorgestellte Schulungsprogramm befähigt Frauen, als Führungspersönlichkeiten im Bereich Gesundheit und Tierhaltung zu agieren. Besonders erfolgreich waren gemeinschaftsbasierte Ansätze, bei denen Frauen gleichzeitig Gesundheits- und Impfkampagnen für Mensch und Tier leiteten.

Andrea Winkler (The Lancet One Health Commission): Gendersensible Ansätze in der Gesundheitsversorgung

Andrea Winkler betonte die Notwendigkeit von Bildungsprogrammen und die Integration lokaler Wissenssysteme, um Frauen und benachteiligte Gruppen stärker in Gesundheitsprojekte einzubinden.

Eiman Ahmed (Tierärzte ohne Grenzen, Sudan): Frauen als Hüterinnen von Hygiene und Ernährungssicherheit

Eiman Ahmed zeigte, wie Frauen durch Hygieneschulungen und Lebensmittelsicherheitsmaßnahmen Krankheiten verhindern und die Resilienz ihrer Gemeinschaften stärken. Besonders in Krisenregionen leisten sie durch ihre zentrale Rolle in der Lebensmittelverarbeitung und -lagerung unverzichtbare Arbeit.

Monal Daptardar (WOAH): Frauen in Führungsrollen fördern

Monal Daptardar unterstrich die Notwendigkeit von Mentoring-Programmen und familienfreundlichen Arbeitsmodellen, um Frauen in Führungspositionen im One-Health-Sektor zu stärken.

Frauen stärken, Gesundheit fördern, Zukunft gestalten

Der One Health Day 2024 hat deutlich gemacht, wie unverzichtbar die Rolle von Frauen im One-Health-Ansatz ist. Durch ihre Perspektiven und ihr Engagement entstehen Lösungen, die Mensch-, Tier- und Umweltgesundheit gleichermaßen fördern. Um diese Potenziale voll auszuschöpfen und globale Gesundheits- und Entwicklungsziele zu erreichen, ist es entscheidend, Frauen gezielt einzubinden, Hindernisse abzubauen und ihre Expertise sichtbar zu machen.

Insgesamt nahmen etwa 60 Personen in Präsenz sowie weitere 60 Personen digital teil.

Tierärzte ohne Grenzen e.V. und Apotheker ohne Grenzen e.V. danken allen Teilnehmenden und Unterstützer*innen für ihre wertvollen Beiträge und freuen sich darauf, die gewonnenen Erkenntnisse in zukünftige Projekte einfließen zu lassen.

 

Der One Health Day 2024 wurde gefördert durch Engagement Global mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.